Hier kannst „Du“ den Arbeitsprozess der Entstehung eines Bildes mitverfolgen. Ich (Reinhold Pammer, eines der Mitglieder des Phase VIII-Teams) werde hier regelmäßig dokumentieren, wie mein aktuelles Werk nach und nach entsteht. Natürlich mit Fotos und mit einigen Erklärungen.
24.November
So, ich habe mich entschlossen, ein neues Bild in der bei Prof. Franz Wolf erlernten, komplexen „Mischtechnik“ (ich weiß, er mag diese Kurzbezeichnung gar nicht…) zu erstellen. Diese beginne ich auf einer 70 x 90 cm großen, 4 x weiß grundierten MDF-Platte (4 mm stark).
Der erste Arbeitsschritt ist eine „Graphit-Schüttung“. Wasser mit Graphit-Pulver wird auf die Platte geschüttet, gespritzt, gegossen, getröpfelt. Durch Anheben der Platte von verschiedenen Seiten verrinnt die „graue Brühe“ und zieht typische Wasserläufe über die Platte. Zusätzlich habe ich diesmal noch mit meiner Airbrush-Pistole “ an verschiedenen Stellen die Schüttung „verblasen“.
Das Ergebnis sehr ihr hier:

So – nun stellt sich die Frage: WAS MACHE ICH DAMIT bzw. DARAUF.
25. November
Die Platte wird zigmal in alle Richtungen gedreht, betrachtet, der Kopf nach Ideen zermartert. Urspünglich hatte ich eine „Hommage an Leonardo“ im Kopf. Doch auch das x-te Mal Durchblättern meines wunderschönen großen Leonardo-Bandes lässt mich nicht „Heureka“ rufen, sondern nahezu verzweifeln. Viele Ideen, aber keine drängt sich wirklich auf.
27.November
Wie so oft in der Nacht kommt mir ein Gedanke. Ich wollte doch schon immer mal die berühmten „Hände“ aus „Die Erschaffung Adams“ von Michelangelo an der Decke der Sixtinischen Kapelle zum Thema machen.
Also frisch an’s Werk: Mit dem Photobearbeitungsprogramm wird die Schüttung mit einem Detailausschnitt dieser Hände kombiniert. So kann man sich immer ansehen, ob die Idee „auch was werden könnte“. Das Motiv passt mir gut in die Schüttung, also ist die Entscheidung gefällt.
Ich beginne mit dem Übertragen der Hände Adams und Gottes auf die Schüttung. Nach der Skizzierung erfolgt eine erste Einfärbung mit PAN-Pastellen, damit schon mal eine Farbigkeit das triste Grau der Schüttung erfrischt.

28.November
Nun geht es an die Ausarbeitung der Hände. Dazu werden diese als Erstes so genau wie möglich abgeklebt, um ein Verwischen der empfindlichen Graphitschüttung und damit ein Verschmutzen des Bildträgers so gut wie möglich zu vermeiden.
Danach arbeite ich zuerst mit PAN-Pastellen und danach mit den wasservermalbaren „Albrecht-Dürer“-Farbstiften von FABER-CASTELL an den Feinheiten der Hände.
Es ist verblüffend und es klingt fast arrogant und selbstüberschätzend – aber Micelangelo hat in seinem weltberühmten Werk, dass die Menschen ja aus vielen Metern Entfernung zu sehen bekommen, die plastische Wirkung vor Augen und keine Details wie Nagelmonde oder Beugefalten der Finger usw.
Also halte ich mich nicht nur an die berühmte Vorlage aus dem 16. Jahrhundert, sondern auch an meine eigenen Hände. Denn erstens sind die Hände auf dem Bildträger durchaus größer und zweitens – mein Bild werden -wiederum HOFFENTLICH- Menschen aus der Nähe betrachten. Also braucht es durchaus „mehr Details“ als meine berühmte Vorlage.

30.November
so – ich bin mit dem (Zwischen-)Ergebnis zufrieden. Also wird die Abklebung entfernt und ich kann das erste Mal die zentrale Bildidee im Zusammenwirken mit der Graphitschüttung betrachten.

01. Dezember
So – die Hände sind ja „schön und gut“ – aber was ist die Aussage dieses Bildes??
Welche Botschaft enthält das Bild? Was sehe ICH in diesem Bild?
Mag es Corona mit all seinen Auswirkungen sein, mag es meine manchmal überbordende Fantasie sein – ich sehe hier seltsame Lebewesen. Der Gedankensprung zum allgegenwärtigen Problem „VIRUS“ ist schnell getan. Also suche ich mir im Internet Bilder verschiedenster Viren. Nebenbei wundere ich mich, dass es durchaus viele Viren gibt, die dem Coronavirus zumindest aus Laienaugen betrachtet durchaus ähnlich sehen. Annähernd kugelförmige Gebilde halt mit „Antennen“ rundherum…
Aber es gibt auch stäbchenartige, spiralförmige, walzenförmige und andere. Also mache ich mir einige Ausdrucke.
Danach geht es an die -durchaus langwierige- Ausarbeitung der Graphitschüttung. Dies erfolgt mit gut gespitzten Bleistiften verschiedener Härtegrade, aber auch wieder mit in Wasser (mit etwas Ochsengalle) gelöstem Graphitstaub.
2. Dezember
Aus praktischen Überlegungen (um so wenig wie möglich zu verwischen) arbeite ich bei der Ausarbeitung der Details der Graphitschüttung hauptsächlich von links nach rechts. Hier aber auch „motiviert“ durch den Umstand dass ich im „großen Fleck“ bei der Hand Adams rasch die Vision eines „hummerartigen“ Lebenwesens mit vielen Tentakeln und Beinen hatte.
Bei der Ausarbeitung der Schüttung ist „fast alles erlaubt“. Man kann größere Teile (VORSICHT beim Arbeiten) von der Platte waschen – hierzu eignen sich die im Haushalt üblichen „Schmutzradierer“ hervorragend). Kleinere Teile kann man mit dem Skalpell vorsichtig von der Grundierung abkratzen. Auf diese Weise lassen sich auch hervorragend Lichter und hellere Stellen herausarbeiten. Die Gestaltung selbst erfolgt entweder mit gut gespitzten Bleistiften verschiedener Härtegrade oder aber mit „Graphitwasser“ (der Graphitstaub löst sich ja nicht -wie zB verschiedene Pigmente- auf) und einem feinen Rundpinsel.
So – nach einigen Stunden Arbeit sieht der Bereich um Adams Hand nun so aus:

Ihr könnt hier gut erkennen, wo schon „gearbeitet“ wurde und wo nicht.
Weitere „Detailaufnahmen“ in der Bearbeitung der Graphitschüttung erspare ich Euch gerne.
Ich kann lediglich berichten, dass nach etwas mehr als 100 Stunden Arbeitszeit das Bild nun endlich fertig geworden ist. Aktuell befindet es sich zur Rahmung bei der Firma Ficker in Salzburg, die ich diesbezüglich jedem wärmstens empfehlen kann. Hier findet ihr einen reichen Erfahrungsschatz, ein gutes künstlerisches Gefühl, welcher der vielen tausend vorrätigen Rahmen am besten zum jeweiligen Bild passt und eine immer perfekt und makellos abgelieferte Arbeit zu einem unschlagbaren Ergebnis zusammen.
So, heute (24.3.) war es soweit – ich habe das gerahmte Bild mit nach Hause gebracht.
Ihr findet es natürlich AUCH in meiner Bildergalerie. Aber um den -DANKE DAFÜR!- Lesern meines kurzen Blogs auch einen Abschluss zu liefern, hier nochmals das Endergebnis:

Format: 70 x 90 cm
Technik: Graphit, Bleistift, Pastell, Aquarell und Buntstifte auf MDF-Platte
Danke für’s Lesen – und hoffentlich schaut ihr bald wieder mal auf der Seite unserer tollen Gruppe vorbei.
Euer Reinhold